In ihrer neuen Werkgruppe „Pee Privileg“ macht Katrin Bittl etwas sichtbar, was vielen sonst verborgen bleibt. Sie thematisiert das gesellschaftliche Versagen, den Grundbedürfnissen von Menschen mit diversen Körpern nicht zu entsprechen, wenn es für sie außerhalb ihrer privaten Räume kaum Möglichkeiten gibt, verfügbare, für sie geeignete Toiletten zu finden. Die 1994 in München geborene Künstlerin offenbart so die oft verdrängten Zusammenhänge zwischen körperlicher Konstitution und alltäglichen Widerständen. In performativen Inszenierungen, die das Urinieren in öffentlichen Räumen in Szene setzen und in hoch ästhetische Aufnahmen übertragen, überspitzt sie dies in künstlerischer Form. Ihre Natürlichkeit im Umgang mit der Nacktheit des eigenen diversen Körpers und ihre aktivistischen Motive verleihen ihren Werken eine berührende und poetische Kraft. Bittl macht uns bewusst, wie wir unsere Körper einerseits disziplinieren und welche Verantwortung wir andererseits haben, Teilhabe und Gleichberechtigung für alle Menschen zu gewährleisten – zum Beispiel auch durch barrierefreie Zugänge zu sanitären Anlagen.

– Jurytext, der Landeshauptstadt München für das Stipendium für bildende Kunst, 2024